Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Ratskolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Verwaltungsmitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sehr geehrte Damen und Herren,
lassen Sie mich meinen Vortrag mit einer Anekdote beginnen:
Im vorigen Jahr, Mitte September, folgten wir einer Einladung des Zweckverbands LANDFOLGE zu einer Bereisung an den künftigen Bedburger Seestrand. Während der Fahrt in einem klapprigen, unbequemen, aber geländegängigen RWE-Bus, wurden wir von einem sympathischen jungen Mann über Daten und Fakten informiert. Er hatte sich der Reisegesellschaft als Landschaftsarchitekt aus Aachen, also als der Zukunftsplaner unserer Region vorgestellt. Dabei erfuhren wir zum Beispiel das erste Mal davon, dass die LANDFOLGE vorhat, die IGA – nicht etwa die LAGA oder BUGA – sondern, wenn schon denn schon, die Internationale Gartenbauausstellung bis 2037 an den großen Baggersee zu holen, was in der Folge tatsächlich Bestätigung fand und sich auch schon in unserem Haushalt niederschlägt.
Auf dem Weg vom Kraftwerk Frimmersdorf hinauf auf die rekultivierte Königshovener Höhe schwärmte er - regelrecht euphorisch - davon, dass die Ackerwertzahl der rekultivierten Flächen auf der Königshovener Höhe bei satten 75 Punkten läge und damit höher als bei den ursprünglichen Böden, die abgebaggert wurden.
Zum Glück gab es eine weitere Begleiterin, eine Mitarbeiterin von RWE, die – noch bevor mir die Hutschnur zu platzen drohte - einwarf, dass die Aussage des jungen Planers falsch sei, dass die Ackerflächen zwischen Jülich und Köln auch damals schon, bis heute, die höchste verfügbare Punktzahl von 100 aufweisen.
Soweit die Geschichte. Aber was hat die mit unserem Haushalt zu tun?
Nun, offensichtlich erliegt auch die junge Dame von RWE einem Irrtum. Wer den Haushaltsentwurf gründlich studiert, wird erfahren, dass es noch eine Steigerung eines sehr guten Bodenwertes geben muss.
Der vorhandene Grund und Boden lässt sich aus Sicht der Autoren des umfangreichen Haushaltsbuches nämlich noch „veredeln“. Was für eine märchenhafte Aussage!
Womit ich keinesfalls behaupten möchte, dass sich dieses dicke Buch dem literarischen Genre des Märchens zuordnen lässt. Gott bewahre!
Ausgangspunkt meines Einwurfes ist der erste Satz auf Seite 28, der da lautet:
„Aus der Veredelung von Grund und Boden werden zusätzliche Grundsteuereinnahmen generiert“
Was für ein Euphemismus! Läuft es Ihnen, werte Zuhörerinnen und Zuhörer, auch kalt den Rücken hinunter, wenn Sie diesen Satz hören?
Euphemismus bedeutet Beschönigung, Verbrämung und Verschleierung. Alle drei Eigenschaften beschreiben genau den Charakter des eben zitierten Aussagesatzes. Weshalb steht da nicht ehrlicherweise z.B. ‚durch die Vernichtung von Grund und Boden werden zusätzliche Grundsteuereinnahmen generiert oder etwas neutraler und weniger emotional ‚durch die Versiegelung von Grund und Boden werden zusätzliche Grundsteuereinnahmen generiert.
Schön fände ich in dem Zusammenhang aber auch eine einfache Buchstabenumstellung, die zu dem Satz führen könnte: ‚durch die Verelendung von Grund und Boden werden zusätzliche Grundsteuereinnahmen generiert.
Die Verwaltungssprache ist manchmal sehr entlarvend. Wahrscheinlich handelt es sich bei diesem Begriff der Veredelung um einen terminus technicus, der aufzeigen soll, worauf es wirklich ankommt, nämlich auf den nervus rerum. Allein das Geld regiert die Welt.
Ich erinnere mich, Herr Baum, dass ich schon einmal auf diese bedenkliche Prosa hingewiesen habe und dennoch brennt sich mir nun der Satz in Ihrem jüngsten Werk erneut in die Augen!
Lässt er sich denn gar nicht aus-merz-en. (sorry, Herr Stupp, das hat jetzt nichts mit dem Wahlkampf zu tun). Bitte, liebe Kämmerei, machen Sie sich eine Notiz für die Neuausgabe Ihres Werkes in zwei Jahren.
Damit wir uns nicht falsch verstehen, Bücher sind meine Leidenschaft, ich lese viel und gerne, besonders, wenn die Bücher von unserer Scholle handeln, wenn sie sich also mit unserem Grund und Boden beschäftigen. Dabei möchte ich ganz besonders auf die Romane von Dennis Vlaminck hinweisen, die einem unsere Heimat packend näher bringen, die Interesse an geographischen und historischen Zusammenhängen wecken, welche einem bis zur Lektüre gar nicht bekannt waren. Danke dafür, Herr Vlaminck, an diesem ungewöhnlichen Ort.
Das Buch, um das es heute geht, ist auch dramatisch. Die vielen Zahlen können den Leser, die Leserin aber auch deprimieren: hohe Schulden, teure Kredite, erhebliche Investitionen, kostenintensive Projekte. Aber im Großen und Ganzen funktioniert der Apparat!
Es finden sich sogar literarische Highlights. Auf Seite 337 lesen Sie zum Beispiel folgende bemerkenswerten Sätze.
Jetzt wird es fast lyrisch!
Ich zitiere:
Es wird noch besser:
4. Die Stadt wird beauftragt zu prüfen, an welchen Orten im Stadtgebiet das Anpflanzen von Bäumen und Hecken sinnvoll und angemessen ist.
Denn:
5. Bäume und Hecken leisten einen großen Beitrag zur Beheimatung von Tieren und verschönern das Stadtbild. Darüber hinaus schützen Bäume vor der Überhitzung von darunterliegendem Asphalt und spenden Schatten. Mit Blick auf den Klimawandel und immer längere Trocken- oder Hitzeperioden sollten Bäume entsprechend der Zukunftsbaumliste Düsseldorf gepflanzt werden.
Das sind doch wirklich erfreuliche Ansätze!
Wenngleich es sich bis zum heutigen Tag bei diesen schönen Formulierungen nur um Zielvorgaben handelt, die seit einigen Jahren wie ein Wanderpokal mit Hilfe von copy and paste durch die Haushaltsbücher weitergereicht werden.
Lassen Sie uns doch ab sofort die Vorgaben beherzt umsetzen!
Wir haben noch eine weitere Anregung, deren Umsetzung einige Probleme in unserer Stadt abmildern kann:
„Das Asylbewerberleistungsgesetz ermöglicht es, Asylbewerbende zu Arbeitsgelegenheiten bei staatlichen, bei kommunalen und bei gemeinnützigen Trägern zu verpflichten, wenn das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient.“
Kerpen macht es uns gerade vor. Ziel ist es, die Asylbewerber sinnvoll zu beschäftigen und damit ihre Integration zu befördern. Dass ihnen gesetzlich nur ein Stundenlohn von 80 Cent zusteht, ist bedauerlich, aber hinnehmbar. Viel wichtiger ist, dass die Menschen aus ihren Unterkünften rauskommen und sich für sie soziale Kontakte mit Einheimischen ergeben können. Das ist angewandte Integration!
Was den Kerpenern gelingt, schaffen wir in Bedburg mit Sicherheit auch!
Also schlagen wir auch bei diesem Thema einen Aufbruch in bessere Zeiten vor!
Wir lehnen den Haushalt…
…nicht ab. Wir stimmen ihm zu!
Er is dick, er ist kompliziert, er ist erschreckend umfangreich, wie wir das von unserer Kämmerei nicht anders kennen, er ist solide gemacht!
Im vergangenen Jahr mussten wir ihn wegen der Erhöhung der Grundsteuer ablehnen. Die soll in diesem Jahr kostenneutral sein.
Das gilt, wegen der geänderten gesetzlichen Lage, leider nicht für jeden Einzelfall. Die Bescheide kommen erst noch und damit voraussichtlich auch die Beschwerden. Die Verwaltung verspricht intensive Betreuung und Aufklärungsarbeit für die Betroffenen. Das wird sicher nicht einfach sein, wir drücken die Daumen. Das Thema verspricht noch sehr spannend zu werden.
Wir, von Bündnis 90 / Die Grünen, freuen uns jedenfalls auf ein politisch aufregendes Jahr mit noch mehr Klima- und Umweltschutz, mit der Zunahme an regenerativer Energie, worin wir in Bedburg sehr gut aufgestellt sind.
Und nicht zu vergessen, die gute Aussicht Bedburgs eine Schwammstadt zu werden. Auf Anträge von SPD und FWG hat der Stadtentwicklungsausschuss letzten Dienstag einen wahnsinnig spannenden Vortrag von Frau Völker vom Deutschen Institut für Urbanistik (DIfU) zu diesem Thema gehört. Dabei fielen magische Sätze, wie: „Ein Baum ist die beste Klimaanlage!“ oder „Bäume mit großen Kronen sind unverzichtbar für ein gesundes Stadtklima!“
Frau Völker hat eine Vielzahl von Beispielen aufgeführt, wie das Konzept Schwammstadt bereits andernorts kommunal umgesetzt worden ist und sie hat zahlreiche Quellen für Fördermittel aufgeführt. Der Ausschuss war danach hochmotiviert, dem Vortrag eine Reihe von Anträgen zur Umsetzung dieser Anregungen für die zukünftige Schwammstadt Bedburg folgen zu lassen. Wir stehen quasi in den Startlöchern!
Die politischen Kräfte in diesem Stadtrat bieten im Zusammenspiel mit unserer Verwaltung ein positives Bild bezogen auf demokratisches Verhalten und das ist in diesen gruseligen Zeiten ein hehres Gut.
Mit diesem zuversichtlichen und hoffnungsfrohen Eindruck möchte ich mich, auch im Namen meiner Fraktion, bei allen Protagonist*innen, die dazu beigetragen haben und weiterhin dazu beitragen werden, von ganzem Herzen bedanken!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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Aus dem Stadtrat